Klingbeil, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese, die Professorin und Mitglied des Ethikrates Frauke Rostalski sowie das Mitglied des Expertenbeirats „Pandemische respiratorische Infektionen“ des Robert-Koch-Instituts, der Infektiologie und Pneumologe Prof. Dr. Tom Schaberg sprachen über das Für und Wider einer Impfpflicht und beantworteten die Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörer.
Klingbeil spricht sich für Impfflicht aus
Klingbeil machte gleich zu Beginn der Diskussion seine Position zur Einführung einer Impfflicht deutlich: „Ich gebe offen zu: In der Frage der Impfflicht hat bei mir ein Umdenken stattgefunden. Ich hatte zunächst gehofft, dass sich im Kampf gegen die Pandemie sehr viel mehr Menschen direkt impfen lassen. Mittlerweile ist aber klar, dass wir mit der derzeit bestehenden Impflücke gegen neue Virus-Varianten nicht ankommen. Wir wissen nicht, was der nächste Herbst oder Winter bringt. Die Politik muss aktiv werden und darf nicht nur reaktiv handeln. Ich werde daher im Bundestag für eine Impfpflicht stimmen.“ Ihm sei aber wichtig, dass die wichtige, gesellschaftliche Debatte nicht nur im Parlament stattfinde, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern der heimischen Region.
Lebhafte Diskussion der Expertinnen und Experten
Die Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichen Bereichen diskutierten das Thema der Impfpflicht sehr lebhaft und durchaus kontrovers. Der SPD-Politiker Dirk Wiese sehe das Problem bei der verhältnismäßig großen Impflücke bei den über 60-Jährigen. Auch sei eine Impfflicht nichts völlig Neues, da es bereits in der Vergangenheit Entscheidungen zur Impfpflicht gegeben hätte, die vor Gericht Bestand hatten. Zudem verwies Wiese auf den Umstand, dass Patientinnen und Patienten notwendige Behandlungen nicht bekommen würden, weil Ungeimpfte Corona-Patienten die Kapazitäten in den Krankenhäusern gebunden hätten. Dieser Zustand sei künftig unbedingt zu vermeiden. Professorin Frauke Rostalski hielt dagegen, dass eine Impfpflicht einen schweren Grundrechtseingriff darstelle, der nicht legitimiert sei. Grund dafür sein insbesondere, dass viele relevante Fragen laut Professorin Rostalski nicht geklärt sind. Dies betreffe neben der Frage, wie häufig Menschen sich würden impfen lassen müssen die Effektivität der vorhandenen Impfstoffe im Hinblick auf künftige, derzeit unbekannte Varianten.
Professor Schaberg stellte verschiedene Szenarien englischer Wissenschaftler vor, wie sich die Pandemie weiter entwickeln könnte. Er wies darauf hin, dass eine Omikron-Infektion lediglich vor einer weiteren Infektion mit Omikron schütze, jedoch nicht zwingend bei dem neuen Subtypen oder möglichen weiteren Varianten. Zudem merkte er an, dass Impfstoffe keine Langzeitnebenwirkungen haben können, weil sie nach kürzester Zeit nicht mehr im Körper sind.
Einig waren sich die Teilnehmenden des Podiums in der Frage, dass Deutschland ein Impfregister benötige.
Viele Fragen von Bürgerinnen und Bürgern
Die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger gaben durch die gestellten Fragen an die einzelnen Podiums-Expertinnen und Experten wichtige Impulse in der Debatte um die Impfpflicht. Klingbeil sagte abschließend, dass er sich für eine Impfflicht ausspreche, um das Leben, wie man es von vor der Pandemie kenne, wieder greifbarer zu machen.
Abstimmung im Bundestag
In wenigen Wochen soll im Deutsche Bundestag über eine Impfpflicht abgestimmt werden. Fraktionsübergreifend werden aktuell mehrere Positionen diskutiert: eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren oder ein Stufenmodell, bei dem eine Pflichtberatung einer möglichen Impfpflicht für Ältere vorgeschaltet ist. Auch ein Impfvorsorgegesetz, welches die Schaffung eines Impfregisters vorsieht, wird vertreten sowie die Ablehnung einer Impfpflicht.