Gute Pflege braucht gute Arbeit / Ein Kommentar des Kreisvorsitzenden Ralf Borngräber

Nicht an den Rand gedrängt werden. Darauf hofft jeder, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger. Auch, wenn er alt wird. Dafür zu sorgen, ist eine Verpflichtung für uns alle. Dahinter verbirgt sich unter anderem die Frage nach einer menschenwürdigen Pflege und nach einer solidarischen Absicherung des Pflegerisikos.

Ralf Borngräber und die SPD fordern, den Marsch in die Billigpflege zu stoppen.

Wir entscheiden heute, wie wir morgen gepflegt werden. Ich meine, dass dabei Qualität das oberste Gebot sein muss. Dafür müssen wir den derzeitigen Marsch in die Billigpflege stoppen.

Das System ist dramatisch unterfinanziert. Und bis 2020 wird die Zahl der Pflegebedürftigen in Niedersachsen um etwa 60.000 auf dann mehr 300.000 Menschen ansteigen. Dabei fehlen bereits jetzt rund 3.000 Pflegekräfte; bis 2020 werden es zehn Mal so viele sein. Auf drei freie Stellen kommt heute eine Bewerbung. Zwei Drittel der Pflegekräfte arbeiten in Teilzeit. Durchschnittsverdienst: unter 1.000 Euro. Keine Aussicht auf eine auskömmliche Rente.

Dass die Qualität in den meisten Heimen und Tageseinrichtungen dennoch gut ist, liegt nicht an den Rahmenbedingungen, sondern allein an den aufopferungsvollen Mitarbeitenden. Denn den Alltag bestimmen allzu oft überfordernde Arbeitsbedingungen. Kürzungen und Streichungen, vor allem in der Kurzzeitpflege, haben diese Probleme noch verschärft. Das belastet zunehmend auch die Angehörigen, die häufig ohnehin kaum wissen, wo ihnen der Kopf steht. Vielleicht haben Sie das im Familien, Freundes- und Bekanntenpreis oder sogar ganz persönlich auch schon erfahren müssen, liebe Leserin und lieber Leser.

Lassen Sie uns diese unwürdigen Verhältnisse ändern. Dafür brauchen wir eine Landesregierung, die im Bund für eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung unseres Systems eintritt. Wir brauchen eine Pflege-Bürgerversicherung, an der sich alle beteiligen und in der starke Schultern mehr tragen als schwache.

Weiter: Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen sich alle Betriebe an der Ausbildung beteiligen, zumindest an den Kosten. Für einen Ausgleich zwischen ausbildenden Einrichtungen und solchen, die das nicht tun, könnte eine Umlage sorgen. Wir müssen außerdem die Grundausbildung in der Alten- und der Krankenpflege zusammenführen und die Schulgeldfreiheit gesetzlich absichern.

Drittens: Damit sich mehr Menschen für einen solchen Beruf entscheiden und davon auch leben können, müssen wir die Dumpinglohnspirale beenden. Damit die Einrichtungen sich das leisten können, müssen die Pflegesätze in Niedersachsen auf mindestens den durchschnittlichen Satz der westdeutschen Bundesländer angehoben werden. Derzeit liegen wir 17 Prozent darunter. Eine Ursache dafür ist, dass sich Hannover bei den Verhandlungen zwischen den Kassen und den Heimen auf eine Moderatorenrolle beschränkt. Mit Folgen. In Pflegestufe III werden bei uns zum Beispiel monatlich 531 Euro weniger gezahlt, als in Nordrhein-Westfalen.

Aufgabe Nummer vier: Wir sollten die Palliativ- und Hospizversorgung ausbauen. Auch hier im Norden unseres Kreises ermöglichen bereits ehrenamtlich engagierte Mitbürger schwerstkranken und sterbenden Menschen ein würdevolles Leben bis zum Tod. Das kann man nicht hoch genug einschätzen und nicht oft genug würdigen. Ich freue mich, dass ergänzend zum bestehenden ambulanten Hospizdienst nun sogar eine stationäre Einrichtung entstehen soll. Das erfordert Mut, leider zurzeit auch noch auf der finanziellen Ebene. Ich danke dem Kirchenkreis, der diesen Mut aufbringt. Und ich danke allen Menschen, die bei dieser Gründung helfen.

Ihr Ralf Borngräber