Damit wir keine Bananenrepublik werden / Ein Kommentar des Kreisvorsitzenden Ralf Borngräber

Hat die Landesregierung im Zusammenhang mit Nachfragen zum „Nord-Süd-Dialog 2009" das Parlament vorsätzlich falsch informiert? Das lässt die SPD-Fraktion vom Staatsgerichtshof überprüfen, liebe Leserinnen und Leser. Ich möchte Ihnen erklären, warum ich die Klage mit unterschrieben habe.

Wurde der Landtag vorsätzlich falsch informiert? Dieser Verdacht drängt sich der SPD auf.

Aus gutem Grund gehört zu den Grundfesten unserer Demokratie, dass die Regierung Anfragen des Parlaments nach bestem Wissen, unverzüglich und vollständig beantworten muss. Dieses Auskunftsrecht der Abgeordneten trägt entscheidend dazu bei, dass unser Staat nicht zu einer Bananenrepublik verkommt, in der eine Regierung alles machen darf, auch verschweigen, verschleiern und vernebeln.

Dass die Regierung Wulff im Frühjahr 2010 dem Parlament wissentlich falsch geantwortet hat, darf als erwiesen gelten. Finanzminister Möllring hat das kürzlich in einem Zeitungsgespräch eingestehen müssen. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung räumte er ein, dass die Antwort der Wulff-Regierung vom April 2010 „aus heutiger Sicht objektiv nicht richtig" gewesen sei. Interessant: Der seinerzeitige Ministerpräsident Wulff hatte die Antwort auf die Anfrage damals eigenhändig redigiert und die Endfassung abgezeichnet.

Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass auch die Regierung McAllister das Parlament getäuscht hat. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass die Landesregierung in der diesjährigen Januarsitzung wider besseres Wissen die falschen Antworten ihrer Vorgängerregierung bestätigt hat, um deren Fehlverhalten zu decken.

Mit einer forschen Vorwärtsverteidigung versuchte Finanzminister Möllring vor vier Wochen, die begründeten Fragen der Opposition vom Tisch zu wischen. Diese Strategie brach unter dem Eindruck der Hausdurchsuchungen bei Herrn Glaeseker und Herrn Schmidt sowie neuer Presseberichte über Landesbeteiligungen am „Nord-Süd-Dialog" allerdings in sich zusammen. Zu nennen sind hier ein Kochbuch-Geschenk an alle Gäste – übrigens finanziert aus dem damals von Heiner Ehlen geleiteten Landwirtschaftsministerium -, das Engagement von Servicekräften der Medizinischen Hochschule Hannover, die aktive Sponsorenakquise sowie die Einflussnahme auf die Einladungsliste unmittelbar aus der Staatskanzlei.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger: „Anfragen sind nach bestem Wissen zu beantworten, das heißt, die Landesregierung ist verpflichtet, sich um die Aufklärung des wahren Sachverhalts zu bemühen und die Anfrage zutreffend zu beantworten.“ So steht es in einem Kommentar zur niedersächsischen Verfassung. Wir haben den Eindruck: Das Bemühen der Landesregierung zielte eher auf Verschleierung denn auf Aufklärung. Die rechtliche Prüfung kann im Rahmen der Gewaltenteilung nur durch das zuständige Gericht erfolgen. Deshalb haben wir uns an den Staatsgerichtshof in Bückeburg gewandt.

Der Rücktritt von Herrn Wulff vom Amt des Bundespräsidenten macht diese Klärung nicht überflüssig. Es geht um die Würde und die Rechte des Parlaments. Die Missachtung dieser Rechte dürfen wir um unserer Demokratie willen nicht hinnehmen.

Ihr Ralf Borngräber